Aktionen zur Bürgerbeteiligung, wie die vor kurzem beendete Umfrage zur möglichen
Umbenennung des „Landkreises Wunsiedel“ in „Landkreis Fichtelgebirge“ sind elementare
und wichtige Mittel zur Einbeziehung der Bürger in politische Entscheidungen und
zur Abfrage von Stimmungsbildern.

Allerdings erschließt sich uns nicht, inwiefern bei knapp 1.000 Menschen, die sich gemäß
der Äußerung des Landratsamts Wunsiedel für seine Umbenennung ausgesprochen
haben, von einer „Mehrheit“ die Rede sein kann. Immerhin fehlt demnach die Äußerung
von knapp 71.000 weiteren BewohnerInnen allein des Landkreises Wunsiedel.
Die 103.000 BayreutherInnen, die 95.000 HoferInnen und die 72.000 TirschenreutherInnen
müssten aufgrund der Tragweite der Entscheidung und der Zugehörigkeit zum Kultur-
wie Naturraum Fichtelgebirge natürlich ebenfalls noch mit in die Betrachtung einbezogen
werden.

Daher bleiben wir einerseits bei unserer generellen Kritik am Vorgehen des Landratsamts
Wunsiedel, das die Werbung zur Abstimmung in erster Linie innerhalb des eigenen
Bereichs durchgeführt und damit große Teile der ebenfalls zum Raum Fichtelgebirge
gehörenden Nachbarregionen ausgeschlossen hat. Der Verweis, dass man nicht in
anderen Räumen, in denen man keine Zuständigkeit habe, Befragungen durchführen
wolle, kann aufgrund der Tragweite der Entscheidung und mit Blick auf die tatsächliche
Größe „des Fichtelgebirges“ nicht gelten.

Andererseits erkennen wir keinen „signifikanten“ Wunsch einer konstatierten breiten
Mehrheit für die Umbenennung. Nur zum Vergleich, wäre ein entsprechendes Vorgehen
auch, die BewohnerInnen des kleinen Marktes Zell die Politik des gesamten Landkreises
Hof bestimmen zu lassen.

Wenngleich wir daher den Wunsch der 1.000 befragten Personen vollumfänglich anerkennen
und deren Meinung mit Blick auf eine verbesserte Außendarstellung und bessere
Marketingmöglichkeiten respektieren, bleiben wir bei unserer Aussage, dass solche
Argumente nicht die Tragweite der Entscheidung und die identitätsstiftende Einheit eines
gewachsenen Kulturraums überlagern dürfen. Selbst die tatsächliche Wirkung des
Marketings eines „Landkreises Fichtelgebirge“ darf stark bezweifelt werden, da viele der
derzeit für die Tourismuswerbung genutzten Landschaftselemente wegfielen: Der Ochsenkopf
und der Waldstein, die beide nicht im „Landkreis Fichtelgebirge“ lägen, seien
nur als Beispiele genannt. Daher darf auch mit Blick auf die Außendarstellung ein nur
wenig zielführender Nutzen der Umbenennung angenommen werden.

Wir als Fichtelgebirgsverein, dessen Mitglieder sich seit über 130 Jahren für den Fichtelgebirgsraum
einsetzen, müssen daher noch einmal in aller Deutlichkeit das Vorgehen
der Kreisentwicklung, insbesondere die fehlende Information im Voraus und die nicht
existente inhaltliche Begleitung der Abstimmung, kritisieren. Bei allem Respekt für die
Meinung der Befragten muss zudem klar herausgestellt werden, dass eine Gruppe von
1.000 Menschen nicht für die breite Meinung von alles in allem 341.000 betroffenen
Personen gewertet werden kann, die sich aus welchen Gründen auch immer nicht an
der Abstimmung beteiligt haben. Daraus eine klare Handlungsaufforderung für politische
Aktivität abzuleiten, erschließt sich uns in keiner Weise. Das Fichtelgebirge kann als
Kultur- und Naturraum mit einer gewachsenen, einmaligen Vielfalt aufwarten, die wir
nicht dem schnelllebigen Erfolg von „Marketingkampagnen“ opfern dürfen. Wenn es
daher jemals einen Landkreis Fichtelgebirge geben sollte, müsste sicher gestellt werden,
dass er der Region in ihrer tatsächlichen Ausdehnung gerecht würde. In einer bloßen
Umbenennung eines Teils des Ganzen erkennen wir allerdings keinerlei Vorteil.