Der Verein wehrt sich gegen Gerüchte, er würde seine Pächter knebeln. Das Gegenteil sei der Fall, die Gastronomen profitierten von der ehrenamtlichen Arbeit der Mitglieder.
Wunsiedel – Das Marktredwitzer Haus: geschlossen. Das Seehaus: stand monatelang leer. Wenn der Fichtelgebirgsverein eines seiner Häuser neu verpachten will, stehen die Wirte nicht gerade Schlange. An Stammtischen wird dann gerne erzählt, dass der FGV seine Pächter knebele und sich die Bewirtschaftung nicht rentiere. Doch ist das wirklich so? Wir haben Kassierer Harald Panzer und die Öffentlichkeitsbeauftragte des Vereins, Birgit Schelter, befragt.
Wie viele Häuser bewirtschaftet der Fichtelgebirgsverein überhaupt noch?
Harald Panzer: Wir haben das Kösseinehaus, das Seehaus, das Waldsteinhaus und den Asenturm auf dem Ochsenkopf. All diese Häuser laufen sehr gut. Nicht mehr dabei ist das Marktredwitzer Haus, das wir verkaufen wollen.
Warum will der FGV ausgerechnet das Traditionshaus mit dem schönsten Panoramablick über das Fichtelgebirge abgeben?
Harald Panzer: Wir haben es uns nicht einfach gemacht. Das Haus hat uns über Jahre Verluste beschert. Letztlich haben die Entscheidung dann die Vertreter aller 52 Ortsgruppen gefällt. Zunächst hegten wir die Hoffnung, dass das Haus für die Bürger zugänglich bleiben kann, etwa in Form einer Infostelle. Das hat sich aber zerschlagen. Derzeit laufen Verkaufsgespräche mit mehreren Privatpersonen. Interessanterweise haben sich die gemeldet, nachdem sie von dem Verkaufs-Beschluss erfahren haben.
Gibt es demnach die Chance, dass ein Gastronom das Haus kauft und als Wirtshaus weiter betreibt?
Birgit Schelter: Auch dies ist denkbar. Wir können dazu aber wirklich noch nichts sagen.
Wenn sich niemand für ein Pachtverhältnis interessiert, drängt sich der Eindruck auf, dass die Konditionen wenig attraktiv sind.
Birgit Schelter: Das ist definitiv nicht der Fall. Die von uns verlangte Pacht bewegt sich im branchenüblichen Rahmen. Alle Einnahmen aus den verpachteten Häusern fließen zu 100 Prozent wieder zurück. Der FGV trägt neben der Grundsteuer auch die Gebäudeversicherungen, sämtliche Instandhaltungsaufwendungen am Gebäude sowie die Betriebs- und Geschäftsausstattung. Die Ausstattung der Fremdenzimmer oder Bettenlager, die Einrichtung in Gaststube und Außenbereich gehen ebenso zu unseren Lasten wie die Kücheneinrichtung mit allen Geräten sowie die Kühl- und Gefrierräume.
Das alles rechtfertigt also die angeblich üppige Pacht?
Harald Panzer: Würde einem Pächter die Gastwirtschaft selbst gehören, hätte er höhere Aufwendungen als die Pachtzahlungen an den Verein. Er müsste nicht nur Neuanschaffungen selbst bestreiten, sondern auch Rücklagen erwirtschaften. Wenn man unsere Häuser vergleichbaren Restaurants gegenüberstellt, zeigt sich regelmäßig, dass die Kosten pro Raum für unsere Pächter rund zwei bis drei Prozent niedriger sind.
Mal ehrlich, lässt sich ein FGV-Haus überhaupt wirtschaftlich betreiben?
Birgit Schelter: Natürlich. Man muss wissen, dass an manchen Wochenenden 500 Essen verkauft werden. Grundsätzlich muss ein Wirt davon ausgehen, dass den ganzen Tag über Gäste kommen. Das ist nicht mit dem Betrieb eines Vereinsheims oder ähnlichen Lokalen vergleichbar, sondern eine ordentliche Hausnummer. Und noch etwas: Bei bis zu 1500 Gästen an einem Wochenende nutzen sich Türen, Fußböden, ja alle Einrichtungsgegenstände schnell ab. Wenn etwas erneuert werden muss, kommt der FGV dafür auf. Daher sehen wir die Pachtkonditionen als äußerst fair an.
Weniger fair empfinden es die Wirte, dass sie für jedes verkaufte Getränk eine bestimmte Summe an den FGV abführen müssen .
Harald Panzer: Zunächst einmal: Wir verlangen nicht für jedes Getränk eine Rückvergütung, sondern nur für Biere. Die Bierrückvergütung stammt aus früheren Jahren, als die Brauereien uns zinslose Darlehen gewährt haben. Um diese Darlehen wieder tilgen zu können, wurde der Bierpreis durch die Brauereien entsprechend erhöht.
Was heißt das konkret?
Harald Panzer: Pro verkauftem Liter Bier verlangen wir eine Rückvergütung in Höhe von 65 Cent. Die Hälfte dieses Betrags verwenden wir, um die Darlehen zu tilgen, die andere fließt in die Instandhaltung der Häuser.
Warum nimmt der FGV Einfluss auf die Speisekarte der Wirte?
Birgit Schelter: Wir zwingen niemanden, bestimmte Speisen auf der Karte zu führen. Aber als Verein, dessen Aufgabe es auch ist, das Brauchtum und Traditionen zu bewahren, bitten wir unsere Wirte, die vielfältige regionale Küche mit den gängigen Begriffen anzubieten. Auch ist es uns wichtig, dass heimisches Bier ausgeschenkt wird. Genau dies honorieren auch die Gäste.
Wie viel Geld steckt der FGV in den Unterhalt seiner Häuser?
Birgit Schelter: Der Verein investiert das Geld, das durch die Häuser erwirtschaftet wird. Mitgliedsbeiträge dürfen wir aus steuerlichen Gründen nicht verwenden. Da die Gelder aus der Pacht allein nicht reichen, sind wir auch auf öffentliche Zuschüsse angewiesen. Hier konnten wir in den vergangenen 17 Jahren 564 000 Euro generieren. Die Mitglieder leisten zudem hunderte Stunden ehrenamtlicher Arbeit für die Infrastruktur. Nur sieht das natürlich niemand, das wird als gegeben hingenommen.
Wie sieht die ehrenamtliche Arbeit aus?
Harald Panzer: Erst vor wenigen Tagen hat zum Beispiel Birgit Schelter zusammen mit ihrem Lebensgefährten eine neue Lagerfläche für die Wirtin des Kösseinehauses gebaut. Auch haben sie die Fugen am Kösseinehaus erneuert und verputzt. Unsere Mitglieder haben im vergangenen Winter regelmäßig nach dem damals nicht bewirtschafteten Seehaus gesehen. Birgit Schelter hat zudem im Sommer und Herbst alle paar Tage die Wasserversorgung für die Kösseine im Tiefbrunnen kontrolliert. Von hier aus wird das Haus über eine 500 Meter lange Leitung mit bestem Quellwasser versorgt. Im Kösseinehaus ist deshalb übrigens eine Filteranlage installiert. In den nächsten Jahren müssen wir eine der beiden Zuleitungen erneuern, da Wurzeln sie verdrückt haben. Den Verein kostet das einen fünfstelligen Betrag.
Birgit Schelter: Im kommenden Jahr müssen wir zudem die 500 Meter lange Leitungstrasse vom Aufwuchs befreien. Da ich das nicht alleine machen kann, bin ich für jeden Helfer sehr dankbar … Das sind nur einige wenige Beispiele der ehrenamtlichen Arbeit. Allein wenn man bedenkt, dass wir unser 3600 Kilometer langes Wanderwegenetz und sämtliche Aussichtstürme instand halten, wird deutlich, wie viel Arbeit und Liebe unsere Mitglieder in die Region stecken.
Zurück zu den FGV-Häusern. Wie schwierig ist es wirklich, einen Pächter zu finden?
Harald Panzer: Es ist nicht einfach. In aller Regel melden sich Interessenten. Leider haben viele unrealistische Vorstellungen. Teilweise scheitert es auch am finanziellen Rückhalt. In unserer Region ist es, soweit uns bekannt ist, wohl etwas schwieriger, einen Bankkredit für eine Gastronomie zu bekommen als etwa im Alpenraum. Für viele Pächter ist es zudem schwierig, Personal für die Küche und den Service zu finden. Wer allerdings als Pächter ein Haus geführt hat, merkt, dass es sich lohnt. Wir sehen dies zum Beispiel daran, dass sich immer wieder ehemalige Pächter erneut bewerben, wenn ein Haus frei wird.
Copyright Frankenpost, das Interview führte Matthias Bäumler ( FP )