Fusionen, Referate, verstärkte Geschäftsstelle: Der Heimatverein stellt sich neu auf, weiß allerdings, dass er vor einem schweren und langen Prozess steht.

Die Welt wandelt sich. Und wer den Wandel nicht aufnimmt und aus ihm die richtigen Schlüsse zieht, bleibt auf der Strecke. Diese Erkenntnis hat sich beim Hauptvorstand des Fichtelgebirgsvereins (FGV) durchgesetzt. Und deshalb versucht der Heimat- und Naturschutzverein seit nunmehr gut zwei Jahren gegenzusteuern. Drei Stichworte zeigen dies auf: Ortsvereine schließen sich zusammen. In einigen neuen Referaten arbeiten die Ehrenamtlichen kompakt und zielgerichtet – und der FGV stärkt seine Geschäftsstelle in Wunsiedel personell auf.

Hauptvorsitzender Rainer Schreier ging bei der Jahreshauptversammlung in der Münchberger Mehrzweckhalle zunächst auf die Mitgliederentwicklung ein. Mit der Auflösung des Ortsvereins Kulmbach habe der Verein 169 Mitglieder verloren. So ist die Zahl der FGVler im vergangenen Jahr von 14 504 auf 14 032 gesunken. Leidglich die Ortsvereine Arzberg, Friedenfels, Höchstädt, Hohenberg, Nemmersdorf, Sparneck und Zell hätten ein Plus verbucht.

Neben verstärkter Mitgliederwerbung lautet deshalb seit zwei Jahren ein Thema „Fusionen“. Im vergangenen Jahr ging der Ortsverein Schirnding im Ortsverein Arzberg auf: „Zusammen bilden diese nun mit rund 670 Mitgliedern unsere starke Ostflanke“, sagte Schreier. Sehr wahrscheinlich ist, dass in absehbarer Zeit der Ortsverein Selb-Plößberg die Nachbarn aus Selb aufnimmt. Und der OV Goldkronach habe vor einer Woche die Fusion mit Nemmersdorf beschlossen. „Möglicherweise werden mittelfristig nur noch etwa 35 eigenständige Ortsvereine übrigbleiben“, lautet die Prognose des Hauptvorsitzenden.

Zweiter Punkt des Wandels: das Ehrenamt stärken. Der FGV hat einige Referate gegründet, etwa Naturschutz, Geschichte und Volkstanz und beispielsweise eine Arbeitsgruppe Industriekultur ins Leben gerufen. Die Referate, denen noch zahlreiche Aktivisten fehlen, sollen selbstständig arbeiten. Schreier: Es könne nicht sein, dass Geschäftsführer Stefan Lorke immer wieder versuchen müsse, diese „kleine Vereinswelt der Referate“ zu moderieren und zu retten. Er erfährt vom 15. Juni an deutliche Entlastung: Carolin Glay aus Neusorg, die seit dem vergangenen Jahr in der dortigen Ortsgruppe als Kinder- und Jugendkoordinatorin mitarbeitet, wird als seine Assistentin in der Geschäftsstelle mitarbeiten.

Eine ihrer Hauptaufgaben werde es sein, das Marketing zu stärken und „Firmen abzuholen“. Denn Unterstützung aus der Wirtschaft hat der FGV ebenso dringend nötig wie aus der Politik. Vier Schritte, um die Finanzkraft zu stärken. Neben Sponsoring, auch von Einzelpersonen, Spenden und Erbschaften sowie einer geplanten Beitragserhöhung appelliert der Verein auch an die Politik, seine Finanzkraft zu stärken. „Wir machen schließlich Arbeit für die öffentliche Hand und erwarten stärkere Förderung.“

In dieser Hinsicht lassen Schreier und seine Mitarbeiter nichts unversucht. „Ich habe den Tourismusausschuss des Bundestages durch das Fichtelgebirge geführt. Und wir haben zweieinhalb Stunden lang mit dem bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber und Landtagsabgeordneten aus der Region gesprochen. „Erste Erfolge zeigen sich.“ Aber 100 000 Euro mehr für den Landesverband, wovon wir nur einen Bruchteil erhalten, seien viel zu wenig – ebenso wie die 7,50 Euro, die der FGV für die Betreuung pro Kilometer eines Weges erhält: „Es wird in Bayern schließlich ein Netz von mehr als 43000 Kilometern betreut.“

Darüber kümmert sich beim FGV Christian Kreipe, der, ebenso wie Hauptkassier Harry Panzer, ein besonderes Lob vom Hauptvorsitzenden erhielt: „Unsere Markierungen zählen zu den Führenden in Deutschland und sind einfach super.“ Und Kreipe arbeitet weiter daran, die Wege noch attraktiver zu machen. „Wir haben an der Qualitätsregion gearbeitet, über 30 Routen ermittelt, bewertet, ertüchtigt und werden in Zusammenarbeit mit den Kommunen Ausgangspunkte den Bestimmungen entsprechend auf- und nachrüsten.“ Und die Wege sind, so weit wie möglich, naturbelassen, und so selten wie möglich geschottert. Aktiv geworden ist der FGV speziell in Richtung Steinwald. „Wir wollen unser Wegesystem bis Schwandorf tragen, unter anderem auch mit Werner Karl als neuen Betreuer der Wegepaten.“

Kreipe, Referent für Wandern, versteht seine Arbeit als „Dienstleistung für die Allgemeinheit.“ Einige weitere Maßnahmen dabei sind: Renaturierung des Moores in der Häusellohe bei Selb, Sanierung der Schüssel am Waldstein, Sternwanderung zur Kösseine an Pfingsten mit Einweihung des Pfarrer-Hupfer-Weges, Wiederbelebung der Rundwanderwege rund um Hof sowie Erneuerung und Instandsetzung der Besteigungsanlagen am Prinzenfelsen bei Nagel oder am Hirschstein oberhalb von Niederlamitz.

Kreipe ist ebenso ein Garant dafür, dass alles, was der FGV tut, mit Rücksicht auf eine intakte Natur geschieht, wie Franz Hörmann, der das Referat Natur leitet. Er animiert die Mitglieder zu klimafreundlichem Verhalten: Fahrgemeinschaften bilden, öffentlich Verkehrsmittel nutzen, freiwillig langsamer fahren. Und ein spezielles Anliegen von ihm ist es, den Naturfreunden klar zu machen, dass aufgrund der großen Schäden im Wald Bäume so rasch wie möglich gefällt werden müssen, „auch wenn die Krone noch grün ist.“

Klimawandel war auch ein Stichwort für Schreier: „Beim Thema Windkraft sind wir als Träger öffentlicher Belange gefordert.“ Der FGV werde Anlagen in den Wäldern des Fichtelgebirges weder generell ablehnen noch Absolution erteilen, sondern „individuelle Einzelfallentscheidungen vornehmen.“ Er gibt sich vorsichtig optimistisch und verspricht nur eine Kernbotschaft: „Reine Gipfelanlagen müssen frei bleiben.“

Auf einem der Gipfel, der Kösseine, kümmert sich seit Ende März ein neuer Wirt um die Gäste: „Der Betrieb läuft“, freute sich der Hauptvorsitzende Die Asenturm-Gaststätte sei ein „schwieriges Feld“ mit hohem Investitionsbedarf, wobei der FGV hier keine Förderung erhalten kann – nur für den Turm selbst. „Hier müssen wir bei politischen Gesprächen noch nachlegen.“ Das Waldsteinhaus soll sich bis zum kommenden Jahr behindertengerecht präsentieren. „Unser Ziel muss es einfach bleiben, diese schöne, liebenswerte Region noch weiter nach vorne zu bringen.“

Bei der Versammlung in Münchberg schlug der Hauptvorstand den Vertretern der Ortsvereine eine Erhöhung der Beiträge um jeweils vier Euro vor – Jugendliche ausgenommen. Beschließen soll sie die Versammlung im Herbst. Schreier verglich die Erhöhung: „Das entspricht für ein Jahr etwas mehr als dem Preis für ein Bier im Gasthaus.“ Der Preis dafür ist im vergangenen Jahrzehnt um 26 Prozent gestiegen, wie wollen jetzt um 20 Prozent erhöhen.“ Und das in gemäßigter Form, im Gegensatz zum Jahr 2017, als der FGV die Beiträge deutlicher in die Höhe gesetzt hatte.

Geschäftsführer Stefan Lorke verdeutliche, was der FGV mit diesen Beiträgen alles tut: Wege und Natur pflegen in fünf Landkreisen, Mitgliederverwaltung, Koordinierung von Veranstaltungen, Wegewesen, Bau und Unterhalt von Unterkunftshäusern, Marketing und Info, die FGV-Card und die Zeitschrift „Siebenstern“. Und auch er zog noch einmal Vergleiche heran: Der Jahresbeitrag beim Deutschen Alpenverein und bei Sportvereinen liege über 50 Euro, beim Bund Naturschutz bei 60 Euro. Lorke kündigte noch die nächsten Veranstaltungen an: Aktionstag Kösseine am 28. Mai, Tag der offenen Tür in Wunsiedel am 17. Juni und einen Familien-Aktiventag am 24. September.

Eine Nachwahl und zwei Ehrungen rundeten die Versammlung ab: Simon Ruckdeschel wird neuer Rechnungsprüfer, Gerhard Flessa, Zell, und Roland Horn, Tröstau, bekamen eine Auszeichnung für ihre langjährige Tätigkeit als OV-Vorsitzende: Horn für 40 Jahre und Flessa für 10 Jahre. Sie als langjährige Aktive wissen wohl am ehestens, wovon der Hauptvorsitzende spricht:

„Wenn wir alle an einem Strang ziehen, dann sind wir auf einem sehr guten Weg.“

Text: Wolfgang Neidhardt

Fotos: Rüdiger Taubald